Warum fallen Hunde Menschen an?

Aus aktuellem Anlass ein kurzer Beitrag zum Thema „Was bringt einen Hund dazu, einen Menschen zu beißen?“

Leider kam es am vergangenen Freitag zu einem unschönen Zwischenfall in Mülheim a.d. Ruhr: Ein Dobermann rannte auf ein 13-jähriges Mädchen zu, das mit seiner Schwester an der Seilbahn eines Spielplatzes spielte, und biss ihr mehrfach in den Rücken und ins Bein. Der Besitzer konnte seinen Hund zwar abrufen, kümmerte sich aber wohl nicht weiter um die verletzte Jugendliche und verließ stattdessen den Ort des Geschehens.

Was passierte anschließend?

Der Halter des vermeintlich gefährlichen Dobermanns konnte mittlerweile ermittelt werden bzw. meldete sich über seinen Anwalt selber bei der Polizei. Für seinen Hund ist eine Maulkorb- und Leinenpflicht verhängt worden.

Hätte der Vorfall verhindert werden können?

Bestimmt. Tatsächlich ist es nach dem Landeshundegesetz NRW in der Nähe von Spielplätzen und in Wohngebieten sogar Pflicht, seinen Hund an der Leine zu führen. Selbst wenn dieser noch so gut erzogen ist und aufs Wort hört, es kann immer zu Situationen kommen, in denen ein Reiz so groß ist, dass der Hund einfach nicht anders kann, als darauf zu reagieren. Wie viele Hunde sind schon überfahren worden, weil sie einer Katze oder einem Kaninchen, die plötzlich aus einem Busch geschossen kamen, hinterher gejagt sind?

Mal davon abgesehen, dass man als Hundehalter immer im Hinterkopf behalten sollte, dass, nur weil man selber Hundefreund ist, es genug andere Menschen gibt, die

  • mit Hunden nichts am Hut haben,
  • von diesen nicht belästigt werden möchten,
  • oder sogar Angst vor ihnen haben,

sollte man allein schon zum Schutz des eigenen Hundes diesen in der Stadt oder in Wohngebieten anleinen!

Wenn man dann auch noch einen großen Hund hat, ist die Gefahr, dass Mitmenschen sich von diesem bedroht fühlen, ohnehin größer! Verständlich, dass der Otto Normalbürger keinerlei Verständnis dafür hat, wenn ein Dobermann sich „aus dem Nichts“ auf eine Jugendliche stürzt. Ganz ehrlich: Selbst ich als Hundehalterin eines großen Hundes wäre not amused, wenn ich in der Situation des Mädchens gewesen wäre, selbst wenn ich das Verhalten des Hundes nachvollziehen kann!

Letztendlich hat dieser lediglich hündisches Verhalten gezeigt.

Warum hat der Hund das Mädchen angefallen?

Ich war zwar nicht dabei, aber ich könnte meine Hand dafür ins Feuer legen, dass „Verletzen“ bestimmt nicht die Intention des heranschießenden Hundes war. Ja, er ist ohne Vorwarnung oder (für den Laien) ersichtlichen Grund auf das Mädchen zugelaufen und hat sie mit Sicherheit schmerzhaft verletzt. Für mich klingt das alles aber eher nach typischem Jagdverhalten als nach echter Aggression: Wenn das Mädchen auf einer Seilbahn gespielt hat, wird sie sich mit erhöhter Geschwindigkeit bewegt haben. Wahrscheinlich hat sie auch gerufen, gequietscht oder gejubelt. Was man eben so macht, wenn man auf einem Spielplatz an der Seilbahn spielt.

Es waren vermutlich also gleich mehrere Reize vorhanden:

  • schnelle Bewegungen
  • laute Rufe, Quietschgeräusche
  • womöglich zusätzliches Strampeln mit den Beinen

Tatsächlich reicht das, um bei einem Hund einen Jagdtrieb auszulösen. Das hat nichts mit aggressivem Verhalten zu tun! Der Hund wollte das Mädchen wahrscheinlich einfach nur fangen und festhalten. Und womit halten Hunde jemanden fest? Mit dem Maul. Sie haben ja auch keine andere Möglichkeit. Wir Menschen haben Arme und Hände, um jemanden festzuhalten, einem Hund bleiben nur seine Zähne.

Natürlich kann das schnell zu Verletzungen führen. Erst recht bei einem so großen Hund wie einem Dobermann! Trotzdem hatte seine vermeintliche Attacke nicht wirklich etwas mit Beißen zu tun. Ich weiß, viele halten es für Haarspalterei, aber es gibt einen großen Unterschied zwischen „Schnappen“ oder „Halten“ und „Beißen“. Ich sage es mal so: Hätte der Dobermann das Mädchen wirklich gebissen, hätten die Anwesenden mit Sicherheit einen Krankenwagen gerufen, anstatt den Vorfall mit einem eher lapidaren „Es ist ja nichts passiert“ zu kommentieren.

Zumal deutet die Tatsache, dass der Halter seinen Hund abrufen konnte, darauf hin, dass dieser nach dem „Stoppen“ des Mädchens kein weiteres gesteigertes Interesse an ihr hatte. Ansonsten wäre er wohl kaum abrufbar gewesen.

Ja, das alles sind reine Mutmaßungen, schließlich war ich nicht selber vor Ort und kann die Situation daher nur aufgrund der Informationen aus den Presseberichten beurteilen. Aber nach allem, was ich über hündisches Verhalten weiß, finde ich das Verhalten des Dobermanns absolut nachvollziehbar.

Was nicht bedeuten soll, dass ich es gut heiße, was dort passiert ist! Kein Mensch muss dafür Verständnis haben, von einem Hund „angegriffen“ zu werden. Und es ist auch nicht Nichts passiert! Ein 13-jähriges Mädchen ist verletzt worden, laut Pressebericht mussten ihre Wunden ärztlich versorgt werden. Und sei es nur mit Desinfektionsmittel, einem Wundverband und einer Tetanus-Spritze (auch hier wieder nur Mutmaßungen!! – bei „echten“ Bissverletzungen wäre in der Berichterstattung aber wohl eher von „schweren Verletzungen“ die Rede gewesen). Wen wundert es da, dass erneut Stimmen laut werden, „solche Hunde“ haben in bewohnten Gebieten nichts zu suchen! Wäre derselbe Vorfall mit einem Terrier oder Pinscher passiert, wäre wohl kaum darüber in den Nachrichten berichtet worden… Logisch, ein Hund dieser Größe ist rein physisch auch nicht in der Lage, einem Menschen ernsthafte Verletzungen zuzufügen. Im Gegensatz zu einem Dobermann! Einer Rasse, die ohnehin nicht das beste Image vorweisen kann. Womöglich wäre selbst ein Labrador als „etwas wild, aber ansonsten harmlos“ tituliert worden. Man weiß es nicht.

Fakt ist: Dem armen Hund ist es ab sofort komplett verwehrt, sich frei und unangeleint zu bewegen. Auch da, wo es ansonsten bedenkenlos möglich gewesen wäre. Nur weil sein Herrchen es nicht für möglich gehalten hat, dass sein Hund so auf spielende Jugendliche reagieren könnte. Hinterher ist man immer schlauer.

Ich hoffe, das arme Mädchen hat sich von dem Schreck erholt und wird nicht ihr restliches Leben lang zusammenzucken, sobald ihr ein großer schwarzer Hund entgegenkommt. Es wäre mit Sicherheit anständiger gewesen, sich um das geschockte Mädchen zu kümmern, anstatt einfach das Weite zu suchen. Zur Verteidigung des Hundehalters sei gesagt, dass dieser wahrscheinlich ebenso geschockt war. Und Menschen neigen nun einmal dazu, sich in Schocksituationen irrational zu verhalten. So etwas passiert einem schließlich nicht jeden Tag! Zum Glück!

Was lernen wir daraus?

Vorsicht ist besser als Nachsicht. Auch wenn du davon überzeugt bist, dass dein Hund absolut harmlos und perfekt abrufbar ist, sobald Kinder in der Nähe sind, würde ich meinen Hund vorsichtshalber IMMER an die Leine nehmen. Man kann nie wissen. Dein Hund muss sich nur mal erschrecken oder die Situation falsch einschätzen und schon hat man ein echtes Problem! Also: Lass deinen Hund niemals unbeaufsichtigt und nimm Rücksicht auf deine Mitmenschen. So kannst du dir und deinem Vierbeiner mit einfachen Mitteln jede Menge Ärger ersparen.

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