„FAIR statt fies“ – die Blogparade
Was du nicht willst, das man dir tu’…
– über den fairen Umgang mit dem eigenen Hund
Dieser Beitrag erscheint im Rahmen der Blogparade „FAIR statt fies“, die die großartige Karin Immler von know wau ins Leben gerufen hat.
Wir alle kennen das Sprichwort: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu!“ Schon unsere Großeltern haben uns diese Weisheit gelehrt.
Es mag abgenudelt und veraltet klingen, aber es steckt einfach so viel Wahrheit in diesem kleinen Reim, dass ich ihn hier gerne noch einmal verwenden möchte.
Denn was viele im Stress und der Hektik des Alltags zu vergessen scheinen, ist, dass unsere Hunde, genau wie wir, empfindsame und hochsoziale Lebewesen sind. Und dass das, was wir als unerwünschtes Verhalten empfinden, nicht willkürlich oder aufgrund von pathologischer Bösartigkeit gezeigt wird, sondern immer einen Grund hat.
Auch Tiere haben Gefühle
Auch unsere Hunde können mal „einen schlechten Tag“ haben, sich gestresst und unwohl fühlen oder Schmerzen haben, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Im Grunde gilt das für jedes Lebewesen. Es ist ja nicht so, dass der Mensch das Alleinrecht auf Emotionen gepachtet hat. Auch unsere Tiere kennen Emotionen wie Angst, Unsicherheit, Freude, Schmerz oder Trauer. Und genau wie wir verdienen sie, dass man Rücksicht auf sie nimmt.
Ich finde es einfach traurig und ungerecht, wie oft tunlichst darauf geachtet wird, den Hund als ein Tier keinesfalls dem Menschen gleichzusetzen. Was macht uns denn so besonders und wertvoll, dass wir uns keinesfalls mit unseren Tieren auf eine Stufe stellen möchten?
Natürlich sind Hunde keine Menschen und es wäre tatsächlich auch unfair, sie wie Menschen zu behandeln. Unsere Hunde sind Hunde und sollten auch als solche behandelt werden. Aber das bedeutet nicht, dass wir ihnen jedes Recht auf einen fairen Umgang abstreiten sollten, nur weil wir uns unbedingt als die „Höhergestellten“ sehen möchten.
Was macht denn eine gute Führungspersönlichkeit aus? Es ist jemand, der sich ganz klar in der Verantwortung sieht, seine Gruppe zu führen, mit gutem Beispiel voranzugehen und der stets für die Sicherheit und Unversehrtheit seiner Gruppenmitglieder Sorge trägt. Jemand, der seine „Vormachtstellung“ nicht ausnutzt, um um jeden Preis seinen Willen durchzusetzen, sondern der stets fair und umsichtig handelt und dabei das Wohl seiner Gemeinschaft im Auge behält.
Oftmals sind es doch gerade diejenigen, die am lautesten schreien, man dürfe Hunde nicht vermenschlichen, die ihnen die gemeinsten menschlichen Eigenschaften andichten. Hunde seien „berechnend“, würden stets danach streben „ihren Status zu verbessern“, wären „stur“, „rücksichtslos“ oder schlichtweg „dumm“. Wieviele Menschen habe ich schon erlebt, die Hunde als „Arschlöcher“, „Spinner“, „Tyrannen“ oder „Bestien“ tituliert haben. Ist das eine sachliche Einschätzung eines Tieres? Sollten wir es als Menschen, als „die Krone der Schöpfung“, nicht besser wissen und weit über solchen Dingen stehen?
„Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu!“
Auch wir wollen fair und vorurteilsfrei behandelt werden. Auch wir gestehen uns zu, mal jemanden einen Ticken zu aggressiv oder genervt anzugehen, weil wir in dem Moment vielleicht gerade selber gestresst oder extrem dünnhäutig sind. Deswegen sind wir ja noch längst keine grundsätzlich schlechten Menschen.
Warum können wir unseren Tieren gegenüber nicht ebenso verständnisvoll sein? Ist es fair, ihnen sofort den Stempel eines aggressiven Hundes aufzudrücken, nur weil es die eine oder andere Situation gegeben hat, in denen sie vermeintlich unangebracht reagiert haben? Und was bedeutet das überhaupt – unangebrachtes Verhalten? Sind wir denn tatsächlich in der Lage, unsere Tiere verlässlich lesen zu können, um kritische Situationen richtig einschätzen zu können? Ist es denn wirklich immer die Schuld unseres Hundes, wenn er die Nerven verliert?
Wieviele unschöne Situationen wären weit im Voraus vermeidbar, wenn man die Signale seines Hundes erkennen und deuten könnte?
Was kann unser Hund dafür, wenn er schon 10 Meter vor dem Zusammentreffen mit der netten alten Dame sämtliche Stress- und Beschwichtigungssignale zeigt, und wir ihn trotzdem nötigen, direkt an ihr vorbeizugehen? Wenn er sie dann anbellt oder anknurrt, weil er sie unheimlich findet und damit ja eigentlich nur zum Ausdruck bringen möchte, dass sie ihm fernbleiben soll? Ist das fair?
Oder wenn wir ganz genau wissen, dass unser Hund den Nachbarshund nicht leiden kann, wir aber trotzdem beide so gerne miteinander spielen sehen möchten. Wenn einer von beiden einen Kommentkampf beginnt und das gute nachbarschaftliche Verhältnis darüber für immer hin ist, weil der Eine den Anderen schließlich fast umgebracht hätte! Dabei haben beide Hunde, wenn’s hoch kommt, gerade mal eine kleine Kitsche am Ohr. Aber für die Menschen ist das direkt ein unglaubliches Drama und sie verstehen die Welt nicht mehr.
Unsere Ansichten, wie sich Hunde untereinander oder auch im Umgang mit Menschen zu verhalten haben, sind oftmals noch immer so unfassbar falsch und damit schrecklich unfair. Nehmen wir nur die ganzen Hundeprofis und Hundeflüsterer, die Woche für Woche über unsere Fernsehbildschirme flimmern. Egal ob Hundehalter oder nicht, das meiste, was der Großteil der Bevölkerung über Hunde zu wissen glaubt, stammt aus einer dieser Sendungen.
Was dort vermittelt wird: Bloß den Hund nicht verhätscheln, sondern lieber einmal zu oft klarstellen, wer das Sagen hat. Der Hund läuft nicht vernünftig an der Leine? Dann sitzt womöglich das Halsband nicht hoch genug. Der Hund verbellt jeden, der am Gartenzaun vorbei geht? Da hilft die Wasserflasche ganz wunderbar! Der Hund kommt nicht zurück, wenn man ihn ruft? Dann nimmt der Hund einen nicht ernst und es fehlt eindeutig an Respekt vor dem Rudelführer. Hunde dürfen nicht knurren, nicht schnappen und müssen sich überall und zu jeder Zeit devot verhalten.
Warum das so unfair ist? Weil jedes Lebewesen das Recht haben sollte, eine Rückmeldung darüber abgeben zu dürfen, ob es sich gerade unwohl, bedroht oder einfach nur ungerecht behandelt fühlt!
Ein Knurren ist nichts anderes als eine Warnung, ein Schnappen häufig mehr Abwehr als Angriff. Und ein gutes und faires Training sollte niemals nur die Symptome bekämpfen, sondern der Mensch sollte sich immer die Mühe machen, nach den Ursachen des Problems zu schauen!
Warum verhält sich mein Hund wie er sich verhält? Welche Signale hat er vorab gezeigt? Was habe ich in der Situation getan? Hat mein Hund evtl. etwas falsch verstanden? Habe ich seine Ängste vergessen oder bin sie unbewusst übergangen? War es mir unangenehm, vor anderen Menschen die Rechte und besonderen Rituale meines Hundes zu vertreten, die ihm ansonsten gut durch den Alltag helfen? Und was kann ICH in Zukunft verändern und verbessern, damit mein Hund ebenfalls alternatives Verhalten zeigen kann?
Oftmals braucht es nicht viel mehr als ein wenig Empathie und einen achtsamen Umgang miteinander, um die gemeinsamen Probleme lösen zu können
Denn nicht nur ich habe ein Problem mit den verhaltensoriginellen Reaktionen meines Hundes, mein Hund mag es ebenso wenig, in Konflikte zu geraten. Und am allerschlimmsten und unfairsten findet er es, wenn ich ihn für seine Fehler, die MEINE Fehler nur spiegeln, bestrafe.
„Es gibt viele Dinge, die mir persönlich niemals zugefügt werden sollten“, sage ich laut und souverän. „Und ich erwarte, dass sie mir auch kein anderer Mensch zufügt“.
„Es gibt viele Dinge, die mir niemals zugefügt werden sollten“, denkt mein Hund. „Und ich wünschte, der Mensch könnte mich hören.“
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