Du hast’n Freund in mir

Du hast’n Freund in mir.
Du hast’n Freund in mir.
Wenn’s draußen kalt und gefährlich ist,
Und du dein schönes warmes Bett vermisst,
Vergiss nicht, dass du nicht alleine bist:
Du hast’n Freund in mir.

You’ve Got A Friend In Me, Randy Newman (1995)

„Ihr habt so eine tolle tiefe Bindung…“

Diesen Satz höre ich immer wieder. Gekoppelt mit „Was? Ihr hattet mal Aggressionsprobleme?“ oder „Was? Er wollte seinen Kopf durchsetzen?“ Und ich denke stets: Ja, wir haben eine tolle und tiefe Bindung, aber nicht geschenkt bekommen!

Es ist für mich Schwachsinn, eine positive Bindung zwischen zwei sozialen Lebewesen auf „ein Geschenk der Natur“ oder „glückliche Fügung“ zurückzuführen. Es ist Blödsinn zu sagen, mein Hund ist mir sowieso mehr zugetan, weil es ein Landseer ist. Und ebenso fahrlässig ist es, zu glauben, dass man eine bessere Beziehung hat, nur weil man ihn seit der 10. Lebenswoche bei sich hat.

Spätestens in der Pubertät, das war bei uns mit dem 12. Lebensmonat, beginnt der Hund sein Leben mit anderen Augen (und Nasen und Ohren) neu zu erkunden. Er hatte Wachstumsschmerzen, wollte nicht viel angefasst werden, regte sich über alles und jeden auf, hatte deprimierte Tage (besonders, wenn ich leider ungerecht war) oder wollte seinen eigenen Weg gehen (im wahrsten Sinne des Wortes). Mir fiel es sehr schwer, mit diesen besonderen, verhaltensoriginellen „Schüben“ zurechtzukommen. Hinzu kamen ausgiebige Spooky Periods (Angstphasen), in denen mein Hund entweder auf den Arm wollte oder mich und andere anging, weil er uns für überlebensunfähig zu halten schien.

Ja, er war sehr eigenorientiert. Aber wie sollte er auch anders, wenn sein einziger Freund, der lebensunfähige Mensch, die Gefahren des Lebens nicht kennt?! All das stellt jede Beziehung auf eine harte Probe. ABER: Hier hilft kein Fluchen, Schimpfen oder Bedrohen. Denn mein Hund hielt mich dadurch noch mehr für lebensmüde.

Wir haben uns überlegt, was ist schwierig aktuell und was wünschen wir uns in den jeweiligen Situationen? Zum Beispiel: Besuch klingelt und wird NICHT mit der Nase wieder nach draußen geprügelt, sondern freudig und freundlich angemessen begrüßt (Ziel). Also gibt es seitdem folgende Regel: Wenn es klingelt, wird der Hund freundlich und unaufgeregt in seine Box gebracht, gelobt und danach die Tür geöffnet. Tritt man mit dem Besuch in das Sichtfeld des Hundes, haben sich alle unaufgeregt und entspannt zu verhalten. Für unseren Besuch heißt das: Bitte den Hund nicht beachten! (Fällt vielen schwer, ist aber MEINE REGEL! Diese Konsequenz merkt übrigens auch mein Hund.) Erst wenn alle entspannt sind, darf der Hund mit einem festen Signal „Du darfst Hallo sagen“ aus der Box kommen. Und da ich weiß, dass unserem Hund das Tragen eines Gegenstandes Stress nimmt und ein wenig mehr Halt gibt, platziere ich ein Kuscheltier oder einen Hausschuh vor der Box.

Ich könnte noch unzählige feste Rituale und Familienregeln aufzählen, die es bei uns gibt, und diese ausführen (vor dem Rausgehen die Lage checken, feste Abendrituale, Pflegerituale, jeden Morgen eine ausgiebige und gleiche Begrüßung etc.). Aber dazu werde ich noch einmal einen separaten Beitrag schreiben.

Fakt ist: ohne feste Rituale und Regeln, die von JEDEM in der Familie gleich ausgeführt werden, gelingt es nicht oder nur schwer, eine vertrauensvolle und harmonische Beziehung zum Hund herzustellen.

Darüber hinaus machen wir jede Menge gemeinsame Aktionen, die mit viel Quatsch und Humor verbunden sind. Ich überlege mir neue Aufgaben, studiere Tricks mit dem Hund ein, fordere ihn kognitiv über Nasenarbeit und Suchspiele… Und abends wird einfach intensiv gemeinsam entspannt. Entweder zusammen auf dem Sofa oder ich setze mich auf den Boden.

Ich spreche sehr viel mit meinem Hund (ohne ihn zuzutexten) und vermeide die Militärsprache (die finde ich auch unter Menschen mehr als albern). Ich sage ihm andauernd, was ich toll an ihm finde und freue mich aufmerksam und achtsam über jede Kleinigkeit, die heute bessser gelingt als gestern.

Und wenn er Mist baut, dann sage ich es auch. Und zwar genauso, wie ich es einem Kind sagen würde: mit deutlicher Mimik und einem strengen, bedauernden Tonfall, mit der Gewissheit, dass er es besser kann.

All diese vorhersehbaren Verhaltensweisen meinerseits, die unglaublich riesengroße Liebe und die Strukturen im Alltag, machen uns zu dem, was wir sind: Ein zauberhaftes Team!

Frau S. mit großartigem Hund

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4 Antworten

  1. Chris sagt:

    Super Beitrag den du da da geschrieben hast. Jede Beziehung ist Arbeit für alle Beteiligten, egal ob Mensch Hund oder Mensch Mensch. Es klappt nur wenn beide mitarbeiten.

  2. Sehr schön geschrieben, das kann ich so nur bestätigen

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